No. 31, 31.08.2022
Der RfII Info Ticker wird wöchentlich von der Geschäftsstelle versandt und fasst die neuesten Meldungen aus der akademischen Gemeinschaft zu RfII-relevanten Themen wie Informationsinfrastrukturen und Forschungsdaten, dem Nachrichtenspektrum rund um den „Open“-Begriff sowie wissenschafts- und förderpolitische Themen zusammen. Die Themen werden nach Bedarf und Nachrichtenlage bedient.
Informationsgrundlage sind der Informationsdienst Wissenschaft (idw) sowie Newsletter und Social-Media-Kanäle von Wissenschaftsorganisationen und Forschungseinrichtungen, Ministerien, Fachverbänden und -gesellschaften, Stiftungen und einschlägigen Initiativen.
(Forschungs-) Daten & Informationsinfrastrukturen
- Die Bundesregierung hat heute auf Vorschlag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) die „Digitalstrategie – Gemeinsam digitale Werte schöpfen“ beschlossen. Sie enthält „die politischen Schwerpunkte beim Querschnittsthema Digitalisierung unter einem Dach und bildet den übergeordneten Rahmen für die Digitalpolitik bis 2025“ und formuliert darüber hinaus ein „Zielbild für den digitalen Fortschritt“ bis 2030 anhand von drei Handlungsfeldern: a) „Vernetzte und digital souveräne Gesellschaft“, b) „Innovative Wirtschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft und Forschung“ sowie c) „Lernender, digitaler Staat“. Mehrere Bereiche werden dabei aufgrund ihrer besonderen Hebelwirkung als prioritär definiert, darunter u.a. Datennetze, Datenverfügbarkeit und -werkzeuge, einheitliche Normen und Standards sowie digitale Identitäten und 18 Leuchtturmprojekte aufgeführt, die ressortspezifisch umgesetzt werden sollen. Während Open Source-Lösungen übergreifend gestärkt werden sollen, wird im Kapitel „Wissenschaft und Forschung“ u.a. auf die NFDI, die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI), auf Gaia-X, Forschungsklauseln und das geplante Forschungsdatengesetz eingegangen mit z.T. konkreten Zielsetzungen bis 2025. Erste Reaktionen gibt es u.a vom Bitkom und von D64 [weitere Informationen]
- In diesem Zusammenhang wurde heute auf der Kabinettsklausur auch ein Eckpunktepapier des Bundeskanzleramtes (BKAmt) zur „Neuordnung digitalpolitischer Zuständigkeiten“ beschlossen. Es legt u.a. fest, dass die nationale Datenstrategie gemeinsam vom BMDV, dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) weiterentwickelt wird, der EU-Data Act federführend von BMWK und BMDV betreut wird und BMWK und BMI gemeinsam ein Konzept für ein Dateninstitut erarbeiten und dabei „den Belangen des BMBF und seiner Zuständigkeit für Wissenschaftsdaten Rechnung tragen“[weitere Informationen]
- Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) und die Universitätsvereinigung German U15 haben eine gemeinsame Erklärung zum geplanten Forschungsdatengesetz herausgegeben. Darin begrüßen sie das Vorhaben der Bundesregierung v.a. als Verbesserung der Datenzugangsmöglichkeiten für Forschende und weisen ergänzend auf das kürzlich veröffentlichte Positionspapier des RatSWD hin (s. Info Ticker No. 22). In der aktuellen Erklärung bekräftigen sie die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Rechtssicherheit und von deutlichen Erleichterungen für quellen- und registerübergreifende Datenverknüpfungen zugunsten der Wissenschaft, außerdem soll „die Archivierung, Nachnutzung und Bereitstellung von Daten erleichtert, […] die Vereinbarkeit von Datenschutz und wissenschaftlicher Forschung [sichergestellt] und das Wissenschaftsprivileg klar verankert werden.“ [weitere Informationen]
- Das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LifBi) hat erstmals ein vollständig extern generiertes Datenprodukt in sein Angebot aufgenommen. Die vom Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW) der Frankfurt University of Applied Sciences durchgeführte Studie „Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter“ (GUS) umfasst Informationen aus rund 50.000 Fragebögen, die über sechs Jahre erhoben wurden. Die Daten wurden im Rahmen des NFDI-Konsortiums KonsortSWD gemäß der FAIR-Prinzipien aufbereitet und dokumentiert, bevor sie dem Forschungszentrum des LifBi zur Sekundärnutzung zur Verfügung gestellt wurden [weitere Informationen]
Bildung & Hochschulen
- Das Land Schleswig-Holstein entwickelt eine „Medienkompetenzstrategie“, um die (digitale) Medienkompetenz seiner Bürgerinnen und Bürger als Schlüsselkompetenz zu befördern und so u.a. ihre digitale Souveränität zu stärken. Hierfür wurde bereits eine erste Leitlinie mit entsprechenden Zielsetzungen erarbeitet und steht im Rahmen einer öffentlichen Konsultation noch bis 15. September zur Kommentierung bereit [weitere Informationen]
- Die Berlin University Alliance (BUA) hat die Ergebnisse des „Berlin Science Survey“ veröffentlicht, einer Trendstudie zu Forschungspraktiken und Wissenschaftskultur aus Sicht von Forscherinnen und Forschern, mit der alle zwei Jahre die Auswirkung von wissenschaftspolitischen Fragestellungen auf Forschungspraxis und -qualität überprüft werden soll. Sie wurde erstmals im Wintersemester 2021/2022 unter mehr als 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Berliner Forschungsraum durchgeführt und hat u.a. ergeben, dass viele Forscherinnen und Forscher dem Publikationsoutput eine höhere Priorität einräumen, als es ihren eigenen Zielsetzungen etwa gegenüber guter Lehre oder Open Science entspricht. Vertiefte Themenauswertungen u.a. zu Open Science, Wissenstransfer und Forschungsqualität werden für die nächsten Monate angekündigt [weitere Informationen]
Wissenschaftspolitik & Forschungsförderung
- Das BMWK hat angekündigt, die Projektträgerschaft für das Förderprogramm „Industrielle Gemeinschaftsforschung“ (IGF), das seit langem bei der „Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen“ (AiF) angesiedelt ist, neu öffentlich auszuschreiben. Hintergrund ist offenbar ein Prüfbericht des Bundesrechnungshofs von 2015 über einen möglichen „systembedingten Interessenskonflikt“ bei dieser Konstruktion. Die AiF, die das Programm durchführt, das als zentraler Bestandteil der staatlichen Mittelstandsförderung gilt, sieht damit insbesondere den Zugriff zu Förderstrukturen für kleine und mittlere Unternehmen ohne eigene Forschungsabteilungen, der bisher durch das großflächiges Netzwerk von Forschungsvereinigungen, -einrichtungen und Unternehmen in der AiF gewährleistet wird, massiv gefährdet [weitere Informationen]
- Die ERC Grantee Association (AERG) bietet Forschenden aus dem Vereinigten Königreich, die ihre ERC-Grants nach den geltenden Regularien des Forschungsprogramms „Horizont Europa“ ablehnen mussten (s. Info Ticker No. 23), die Mitgliedschaft an, um die Verbindung zwischen den ausgezeichneten Forschenden und dem Umfeld der europäischen Wissenschaft aufrechtzuerhalten [weitere Informationen]
Bibliotheken & Publikationssystem
- Die US-Regierung hat in einem Memorandum des „Office of Science and Technology Policy“ (OSTP) verfügt, dass Veröffentlichungen und Daten, die auf öffentlich finanzierter Forschung beruhen und ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen haben, ab 2026 unverzüglich frei und offen zu publizieren sind. Die zuständigen Bundesbehörden und Einrichtungen werden angehalten, ihre Open-Access-Richtlinien bis Ende 2025 entsprechend anzupassen und transparente Verfahren zur Sicherstellung der wissenschaftlichen Integrität zu erarbeiten, die zum Jahresende 2026 umgesetzt werden sollen [weitere Informationen]
- Die „International Federation of Library Associations and Institutions”(IFLA) hat gerade eine aktuelle Open Access-Publikation zu “Navigating Copyright for Libraries” herausgegeben. Diese enthält neben umfassenden Informationen zu internationalen und europäischen Urheberrechtsgesetzen und -konzepten auch Hinweise zu Ausnahmen und Begrenzungen, aktuellen Urheberrechtsfragen, Vorschläge für Reformen und für die Kommunikation mit Nutzenden und steht open access zur Verfügung [weitere Informationen]
- In Anlehnung an den Passus in ihrem Koalitionsvertrag zur Unterstützung von Open Source fördert die Landesregierung Baden-Württemberg die Einführung des Open Source-Bibliothekssystems „FOLIO (The Future of Libraries is Open)“ an den wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes als Alternative zu den Angeboten kommerzieller Anbieter. Hierfür stellt sie Mittel im Umfang von 1,8 Mio. Euro bereit, die von den Bibliotheken sowohl zur gezielten Förderung und Qualifizierung der Mitarbeitenden als auch zum Erwerb von Softwarelizenzen eingesetzt werden können [weitere Informationen]
- Auch das Land Niedersachsen stärkt die (öffentlichen) Bibliotheken bei ihrem Ausbau der digitalen Infrastruktur und stellt 400.000 Euro für die Ausstattung und Einrichtung digitaler Angebote zur Leseförderung sowie für Informations- und Kommunikationstechnik, z.B. Hard- und Software oder Softwarelizenzen bereit [weitere Informationen]
Recht
- Nach Meldungen von Euractiv hat die tschechische Ratspräsidentschaft zum geplanten Datengesetz („Data Act“) der EU (s. u.a. Info Ticker No. 21) einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt. Dieser soll sich v.a. auf Kapitel V des Entwurfs beziehen, in dem die Bereitstellung von privatwirtschaftlichen Daten für öffentliche Stellen – darunter u.a. die Forschung – („B2G“) „wegen außergewöhnlicher Notwendigkeit“ behandelt wird. Hierzu seien nun im aktuellen Vorschlag weitere Präzisierungen bzw. Einschränkungen vorgesehen. Die nächsten Beratungen sind am 8. September geplant [weitere Informationen]
Technische Neuerungen
- Das Quantentechnologie-Startup Q.ANT, die Unternehmen Bosch und TRUMPF sowie das DLR planen gemeinsam mit dem Ferdinand-Braun-Institut – Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) die Entwicklung von quantenbasierten Sensoren, die es ermöglichen, Minisatelliten im Weltraum so präzise auszurichten, dass dauerhaft stabile Messergebnisse gewährleistet werden können. Die dadurch weltweit verbesserte Datenkommunikation soll v.a. auch für Internetverbindungen in abgelegene Regionen zum Tragen kommen. Das Gesamtvorhaben „QYRO“ mit einem Fördervolumen von rund 28 Mio. Euro soll einen Beitrag zur europäischen Souveränität leisten und wird maßgeblich vom BMBF gefördert. Der erste Minisatellit soll voraussichtlich in fünf Jahren starten [weitere Informationen]
Wirtschaft und Digitalisierung
- Der Branchenverband Bitkom spricht sich in einem Positionspapier über „Daten zu Forschungszwecken“ klar gegen die Anwendung von „Forschungsklauseln“ als „Idee einer pauschalen verpflichtenden Bereitstellung von Daten ‚für die Forschung‘ – dazu noch ohne Entgelt – […]“ aus. Dabei wird die Verfügbarmachung von Daten für Forschungszwecke ausdrücklich unterstützt, hierzu aber a) eine fehlende Definition von „Forschungsdaten“ moniert und b) auf bestehende freiwillige Kooperationen etwa in Verbundforschungsprojekten verwiesen. Daher schlägt der Bitkom gerade vor dem Hintergrund des „Data Act“ und des „European Health Data Space“ („EHDS“; s. Info Ticker No. 18) verschiedene Maßnahmen vor, um bestehende Konsortialforschungsmodelle zu verbessern, statt das Thema „Datenteilungspflicht“ zu überstürzen [weitere Informationen]
E-Government
- Die Bundesregierung hat sich auf eine Kleine Anfrage der CDU/ CSU-Fraktion zum Onlinezugangsgesetz hin zu Stand und Entwicklung der Umsetzung des OZG geäußert. In ihrer Antwort wird u.a. erläutert, welche Kriterien bei der Auswahl der 35 priorisierten Leistungen durch den IT-Planungsrat im Mai („OZG-Booster“; s. Info Ticker No. 18) ausschlaggebend waren und berichtet, dass mindestens ein Land deren Umsetzung nicht bis zum Jahresende erreichen wird. Zur Registermodernisierung wird u.a. festgestellt, dass bereits absehbar sei, „dass auch nach 2025 umfassende Modernisierungsarbeiten in der deutschen Registerlandschaft erforderlich sind“ [weitere Informationen]
- Das Beratungsunternehmen „Accenture“ hat zusammen mit der NRW School of Governance, dem Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung (RISP) und der Universität Duisburg-Essen in einer Studie Talentaustauschprogramme zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft auf Mehrwerte und Fallstricke überprüft. Ausgehend vom Ziel der Bundesregierung zur Verwaltungsmodernisierung wurden hierfür Erfahrungen zu deutschen und internationalen Austauschprogrammen analysiert und festgestellt, dass sie nachhaltig positive Wirkung auf Wissenstransfer, Kulturwandel und den Aufbau von Netzwerken haben können. Dies gelte insbesondere, wenn neugierige Mitarbeitende „mit den richtigen Qualifikationen“ in Verwaltung und Privatwirtschaft hierfür gewonnen werden, wofür allerdings klare Anreize für alle Beteiligten – inkl. der formal administrativen Koordinationsebene – und förderliche Rahmenbedingungen auch nach Programmabschluss erforderlich seien [weitere Informationen]
Veranstaltungen
- „GI-Webtalk: Nie wieder Wartezimmer?! – Chancen und Risiken der Nutzung digitaler Gesundheitsanwendungen“ (online; 01.09.) [weitere Informationen]
- „Data Act- Was kommt auf die Wirtschaft zu?“ (Berlin und online; 05.09.) [weitere Informationen]
- „GXFS Connect 2022: Von der Idee zur Innovation mit Gaia-X“ (Berlin und online; 07.-08.09) [weitere Informationen]
- „Creating New Dimensions. 3D Hackathon 2022″ (Berlin; 24.-25.09.) [weitere Informationen]
- „Women in Web3 – Female Future of DeFi, DAO and NFTs” (online; 26.09.) [weitere Informationen]
- „Online-Workshop MEDEA“ (28.09.) [weitere Informationen]
- „Leadership and Organisation for Teaching and Learning at European Universities – LOTUS project final conference” (Brüssel; 28.-29.09.) [weitere Informationen]
- „Future-proofing medicines: What role for science, data and digital in Europe’s next regulatory framework? “ (Berlin; 29.09.) [weitere Informationen]
- „IP in Horizon Projects“ Webinar (29.09.) [weitere Informationen]
- „Helmholtz Metadata Collaboration Conference 2022“ (online; 05.-06.10.) [weitere Informationen]
- “FAIRmat Hands-on Tutorial: NOMAD Encyclopedia” (online; 05.-06.10.) [weitere Informationen]
- „Gemeinsam zum DINI-Zertifikat 2022” (online; 06.10.) [weitere Informationen]
- “2. Book Sprint: Handbuch IT in Bibliotheken“ (Wildau; 10.-14.10.) [weitere Informationen]
- „Nur ein Forschungsthema? Open Access in der Buch-, Bibliotheks- und Informationswissenschaft“ Workshop (online; 11.10.) [weitere Informationen]
Tagungsberichte
- „EHDS, MII, THS & DIZ – leicht erklärt. Gesundheitsdaten für die Versorgung nutzbar machen“ (Aufzeichnung) [weitere Informationen]
Zusammengestellt von Bärbel Lange (baerbel.lange@rfii.de).
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